„Haben Sie auch Kinder?“ „ Nein“, antworte ich schon leicht genervt. „Achso, na dann...“
Achso, na dann was??? Achso, na dann? Habe ich keine Ahnung wovon ich rede? Achso, na dann? Lass sie mal eigene Kinder haben und dann sehen wir weiter? Achso, na dann? Ja was DANN? – Tja DANN ändert sich meine Sicht auf die Dinge auf einmal schlagartig:
Ich, die Pädagogin, bin im Januar 2015 das erste Mal Mama geworden. Da lag auf einmal ein kleines Bündel Leben auf mir und in dem Moment wurde mir klar: dafür bin Ich, die Pädagogin und auf einmal Mutter ein Leben lang verantwortlich. Krass. Kurz durchatmen – nicht in Panik verfallen und sich wieder auf sich und seine Fähigkeiten besinnen. Ja, das schaffe ich schon. Das wird schon alles werden, schließlich hast du ja „Kindererziehung“ gelernt, wurde mir zumindest oft genug von außen Mut gemacht. Doch hat Frau Mutter wirklich einen Vorteil, wenn sie das gelernt hat? Ich denke JEIN. Der Druck der auf einen lastet ist größer, denn ich weiß ja eben wie es geht. Aber in dem Moment als er geboren war, wusste ich, in der Theorie habe ich vielleicht den Vorteil, in der Praxis eher nicht.
Als Ich, die Pädagogin noch kein Kind hatte schüttelte ich nur den Kopf darüber, wenn jemand meinte, man dürfte im ersten Lebensjahr nicht auf jedes Schreien der Babys reagieren oder es sofort hochheben. Natürlich bekommt mein Kind nicht sofort den Schnuller! Und im Bett bei uns mitschlafen? Mal sehen, ob das wirklich gut ist.
Wir waren die ersten Tage und Nächte wach und ich war so kaputt, dass ich meine gut gemeinten Vorsätze über Bord warf und so reagierte, wie ich es für sinnvoll hielt: Doch mal kurz einen Schnuller und ab in unser Bett.
Anderes Beispiel: Als ich noch als Erzieherin im Kindergarten arbeitete, kamen die neuen Kinder immer im Herbst zur Eingewöhnung in den Kindergarten. Nach einigen Tagen in denen das Kind gemeinsam den Vormittag mit der Mutter (oder auch mit dem Vater) bei uns verbrachte, sollte die Mutter kurz aus dem Gruppenraum gehen. Die normale Reaktion der Kinder: Wut, Trauer und Tränen, die sich im Idealfall aber nach einigen Minuten relativierten und die Kinder sich von der Bezugserzieherin beruhigen ließen. Auch das erklärte Ich, die Pädagogin, Tag ein Tag aus der verunsicherten Mutter, dass es ihrem Kind wirklich gut gehe, sich sofort beruhigen ließe und mit mir etwas spielte. Trotzdem war mir klar, dass die Mama verunsichert war und mir auch nicht so recht glaubte.
Jetzt rückte die Eingewöhnung unseres Sohnes näher. Natürlich habe ich meinem Mann erklärt, was nun auf uns und unseren Buben zukommt. So weit, so gut. Die ersten Tage gab es kein Problem! Alles war schön, ich war ja auch noch da. Bis auf den Tag, an dem Ich, die Pädagogin, gebeten wurde zu gehen. Ich schluckte, wusste aber theoretisch, was alles gleich auf mich zukommen würde. Und so kam es dann auch. Der Bub fing an mich anzuschauen, wütend zu schreien und versuchte dazu noch einige Tränen herauszubringen.
Ich, die Pädagogin schaute also verunsichert die Erzieherin an, ob ich wirklich gehen könne. Natürlich soll ich gehen, er beruhigt sich gleich wieder. Gesagt, getan. Ich ging. Wer saß dann aber heulend im Auto? Genau ICH, die Pädagogin und fühlte mich als die allerschlechteste Rabenmutter auf der ganzen Welt (passender weiße geht mein Bub auch in die Rabengruppe J ).
Als ich ihn dann aber abholen wollte, strahlten mich die fröhlichsten Kinderaugen weit und breit an! Und wer wollte nicht nach Hause? Richtig, mein Bub.
Was ich damit sagen will? Kinder ändern wirklich alles. Sie verändern einen selbst. Egal ob mit pädagogischer Ausbildung oder ohne. Man ist emotional verwundbarer. Kurze, für die anderen vielleicht belanglose oder daher gesagte, Aussagen über dein Kind verunsichern einen. Wie hat sie das gemeint? Warum, soll ich eigentlich mein Baby nicht hochnehmen, wenn es schreit? Verwöhne ich es damit wirklich zu viel? Als Mama möchte ich, dass es meinem Kind gut geht, dass es nicht weinen muss. Aber was das mit einem als Mama macht, wenn das Kind weint, kann man vielleicht doch wirklich erst als Mama wissen. Da reicht es vielleicht nicht aus, der verunsicherten Mama zu sagen, dass sie ruhig gehen kann, obwohl sie hört wie ihr Kind schreit. Da braucht es dann die Angebote, die heißen: „Warten sie eben 10 Minuten außer der Sichtweite des Kindes, ich komme dann zu Ihnen und gebe eine Rückmeldung, wie es sich entwickelt“ oder aber „Sie können jederzeit anrufen um nachzufragen wie es ihrem Kind geht“.
Auch in meiner Arbeit als PEKiP Gruppenleitung treffe ich immer wieder auf verunsicherte Mamas, die nach einigen Treffen, endlich den Mut fassen um zu sagen, wie sich wirklich fühlen. Was manche gut gemeinten Tipps und Ratschläge wirklich in ihnen auslösen - nämlich Angst oder Unsicherheit. Daher bin ich unglaublich Dankbar, dass ich mich damals entschieden habe, diese Ausbildung zu machen. Denn ich kann die Mütter nun aus zwei Sichtweißen belgeiten: als Mama und fachliche gelernter Pädagogin.
Was wir brauchen? Mut! Das wir uns wieder mehr auf unser Bauchgefühl verlassen und darauf vertrauen. Denn gerade in der Begleitung unserer Kinder zum Erwachsen werden, können wir es als Eltern in den Augen der Gesellschaft eh nie richtig machen.
All dies habe ich in den letzten Jahren, als Pädagogin, kinderlose, PEKiP-Gruppenleitung, Mamacoach und Elternbegleiterin gemerkt:
Seien wir, egal ob mit oder eben auch ohne Kinder, achtsam im Umgang mit Müttern. Stärken wir sie lieber in ihrer Kompetenz, in ihrem Bauchgefühl, dass alles gut wird. Egal ob das Baby gerade einen Schnuller hat oder nicht, Flasche bekommt oder die Brust. Denn letzten Endes sind wir alle Mütter, denen die Bedienungsanleitung für ihr Kind komischerweise nicht mitgeliefert wurde –selbst mir, der Pädagogin. (Ich weiß bis heute noch nicht bei wem ich mich da mal beschweren sollteJJJ)
Eure Ann-Katrin
P.S: Fühlst du dich manchmal unsicher im Umgang mit deinem Baby? Hast du Fragen? Melde dich gerne bei mir. Auf www.ann-katrin-ehlert.de kannst du dich gerne über mich und meine Arbeit informieren.
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Marianne (Donnerstag, 19 Oktober 2017 14:52)
Schöner Artikel - danke fürs Teilen! ich kann das gut nachfühlen, mir ist es auch so ergangen und ich wäre froh gewesen, hätte ich damals mit jemanden darüber reden können. Es gibt viele Pädagogen-Mamis da draußen und ich glaube, denen geht es allen so.
Das wichtigste ist - egal ob Pädagogen-Mama oder "normale" - auf sein Herz/seinen Bauch zu hören und weniger auf das was andere sagen. Danke
Monica (Freitag, 20 Oktober 2017 00:18)
Ich bin Mutter vierer Kinder und ich merke immer, vom Verhalten her, ob eine Lehrperson selber Kinder hat oder eben nicht. Erfahrung braucht es um die "Erziehung" als Eltern verstehen zu können.
Der Artikel gefällt mir gut und es ist schön dass es du als Pädagogin auch selber beweisst.
Julia (Donnerstag, 05 April 2018 16:10)
Tolle ehrliche und direkte Worte die einer Mutter Mut machen :)
Danke :)
Astrid von Walter (Freitag, 24 September 2021 20:55)
Meine Schwester ist älter als ich und hat noch keine Kinder. Ich habe jetzt mein zweites kind bekommen, aber was mich traurig mach ist wie sie die ganze Zeit mir sagt wie ich die Dinge mit den Kindern tun sollte. Zum Beispiel, wenn ich ihr treffe und habe vielleicht etwas vergessen, sagt sie "unglaublich! Wie kannst du das Tuch vergessen haben?!" oder "warum kaufst du solche Sachen fürs Baby und nicht diese? Man sollte die kuafen!" usw..